In dunklen Winter

Schneekristalle weht der Wind, treibt sie wie Nadeln in launisch wechselnde Richtungen. Mit Eismessern schneidet jede Schneeflocke im Gesicht herum. Der Wind beißt eisig nach, wenn die Körperwärme sie zu feuchten Punkten auf der Haut geschmolzen hat. Die Oberschenkel verkrampfen sich vor Kälte beim Marschieren, das mehr ein Stapfen ist durch Pulverschnee. Schmerzen, wie kaltes, eisiges Blei ergießen sich durch alle Fasern. In Augenbrauen, Wimpern und beim Hinschauen in die Augen selbst stechen kleine Eisnadeln bis zur Entzündung. Und alles hell bis zum Erblinden, selbst in der Nacht. Eiswüste. Verdorrte Bäume, nur schwarze Gerippe. Weiße Dünen aus pulvrigen Verwehungen. Alle Gerüche gedämpft und eingefroren in tropfenden Nasen. Und kein Geräusch, nicht mal Knirschen beim Stapfen im Schnee.
Ein Ziel? Es liegt voran. Dort im Dunkeln, wo Schneeflocken herwehen oder genau entgegengesetzt. Doch am Ziel ist es nicht warm. Als einziges dampft dort in der Kälte Blut. Wie eine Quelle Wärme in dieser Wüste aus Eiseskälte, flackernd, bis die Lebensglut erlischt, erfriert und erstarrt zu schwarzen Schemen wird. Wintergeister. Die Berge? Wir können sie nicht sehen. Diese Welt hat keine Tiefe, nur Fläche, die sich immer wieder wiederholt. Es lässt nicht erkennen, wie viele wir sind, und auch nicht, wie viele uns entgegen stehen. Es lässt uns noch nicht einmal sehen, wie viele Finger übrig sind, wenn wir die Hand vor unsere Augen halten. Doch wir marschieren. Wir stapfen durch den Schnee auf den Ort zu, der vom Schwarz wegführt. Oder vielleicht auf den Ort zu, der dem Schwarz am nächsten liegt. Das Schwarz, das den Schnee gebiert. Wer weiß? Der Wind dreht viel zu oft.
Tzar Calamaris muss genommen werden.


Wer vermag den Schrecken auszudrücken, den die Boten mit sich brachten von der Front? Wo guten Männern die Gesichter zerfetzt wurden, die Beine zertrümmert und Arme und Hände verstümmelt? Des Augenlichts im Augenblick der Apokalypse beraut, sehen diese Krieger ewig das Anlitz des Schreckens, halb erleuchtet und in Flammenlohe.
Ein Wüten und Schlachten erhob sich auf den unsicheren Planken, mehr schon ein mechanisches Metzgern, mit wirrem Blick der Kämpfer fernab jeder Menschlichkeit, ja beinah schon des Lebendigen, dass selbst die Bestien zauderten, eingeschüchtert in Angst und Grausen. Welcher Krieger konnte in diesem Schrecken an Weib und Kinder denken? Kam der Tod, so wurde er sehnsuchtsvoll umarmt und herzlich willkommen geheißen, denn er zeigte einen Weg hinaus aus dem Gemetzel. Nun lagen sie in ihren Lazaretten und fragten sich, ob sie tatsächlich zu den Glücklicheren gehörten, weil sie wenigstens überlebt hatten.